Termin: SS 00 Dienstag 8.30-10.00 Uhr
§ 1 Gegenstand der Finanzwissenschaftlichen Steuerlehre
1. Stellung der Steuern im System der öffentlichen Einnahmen, Abgrenzung zu den übrigen Einnahmearten, Legaldefinition, quantitativer Anteil
2. Steuerrechtfertigungslehren in der Dogmengeschichte
3. Gegenstand der Finanzwissenschaftlichen Steuerlehre, Abgrenzung zur Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre
§ 2 Grundsätze der Besteuerung
1. Der historische Prozess der Ausformulierung von Steuergrundsätzen
2. Das Äquivalenzprinzip
2.1 Inhalt des Prinzips: Steuern als Preis für öffentliche Güter
2.2 Das Steuersubjekt
Haushalte und Unternehmen; Inlands- bzw. Quellenlandprinzip der Besteuerung
2.3 Sonstige Konsequenzen für die Gestaltung des Steuersystems
3. Das Leistungsfähigkeitsprinzip
3.1
Begriff der steuerlichen Leistungsfähigkeit und
wohlfahrtstheoretische Bedeutung des Prinzips
3.2 Das Steuersubjekt
natürliche Personen; Individuen oder Gruppen von Individuen (Haushaltsbesteuerung); Inländer (Wohnsitzlandprinzip der Besteuerung); Unternehmen als Steuersubjekt aus der Sicht des Leistungsfähigkeitsprinzips
3.3
Bestimmungsfaktoren und Indikatoren der steuerlichen
Leistungsfähigkeit
- Orientierung an der potentiellen oder an der ausgeübten wirtschaftlichen Verfügungsmacht
- Einkommen, Konsum und Vermögen als wichtigste Bemessungsgrößen
- Arbeitseinkommen als Alternative
- Berücksichtigung der "disutilities" des Erwerbseinsatzes von Arbeit (Freizeitverzicht) und Kapital
- subjektive Bedürftigkeit je nach persönlichen Umständen (Zahl der vorsorgungsabhängigen Personen, Alter etc.)
- Berücksichtigung relativer Positionen in bezug auf die vorgenannten Leistungsfähigkeitsindikatoren
3.4 Theoretische Konsequenzen aus der Anwendung des Prinzips
- Sichtweise der klassischen Opfertheorien
- Sichtweise der ordinalen Wohlfahrtstheorie
§ 3 Konzeption eines rationalen Steuersystems
1. Klassifikation von Steuern nach unterschiedlichen Kriterien
- Steuern auf Bestandsgrößen
Aktiva versus Passiva; Brutto- versus Nettogröße des Vermögens; Wert- versus Mengengrößen
- Steuern auf den Verkehr von Vermögensbeständen
- Steuern auf Wertzuwächse am ruhenden Vermögen
- Steuern auf Stromgrößen
- direkte versus indirekte Steuern
- Subjekt- versus Objektsteuern
- einige schwer einzuordnende Steuern
Merkmalsteuern, Äquivalenzsteuern, Kopfsteuern, Beschäftigungssteuern
2. Konzeption und Struktur eines rationalen Steuersystem
Ergänzende Literatur:
-
Heinz Haller, Die Steuern, Tübingen 1971, 2. Aufl.;
- ders., Finanzpolitik, Tübingen 1972, 5. Aufl.;
- ders., Rationale Steuersysteme und Bestimmungsgründe
empirischer Steuerverfassungen, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Aufl.,
Bd. II, Tübingen 1980, S.147-201
§ 4 Einkommensteuer: Grundlagen
1. Die Charakterisierung der Einkommensteuer durch die deutsche Abgabeordnung
2. Abgrenzung des Steuersubjekts und seiner Steuerpflicht nach dem deutschen Einkommensteuergesetz
Heimatlandprinzip, nicht Quellenlandprinzip; Anrechnungsverfahren; Funktion von internationalen Doppelbesteuerungsabkommen; Unterscheidung von unbegrenzter und begrenzter Steuerpflicht
3. Der steuerliche Einkommensbegriff und seine Konsequenzen
3.1 Reinvermögenszugangstheorie und Quellentheorie des Einkommensbegriffs;
diesbezügliche Parallelität in den taxonomischen Systemen der Steuerlehre und der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung
3.2 Auswirkungen auf das Begriffssystem des deutschen Einkommensteuergesetzes
Einkünfte, steuerpflichtiges Einkommen
3.3 Konsequenzen des Einkommensbegriffs in der Theorie der Einkommensbesteuerung und in der Praxis des deutschen Einkommensteuerrechts
- umfassender, allgemeiner Charakter des Einkommensbegriffs als oberster Grundsatz
- Nettokonzept der Einkommensermittlung
Unterschiede zwischen steuerlicher Gewinnermittlung und Ermittlung der übrigen Einkunftsarten bzw. zwischen der steuerlichen Behandlung von Unternehmen und Haushalten
Wichtige
Fälle:
Rolle der Betriebsausgaben sowie der Abschreibungen für Kapitalverzehr i.R. des
Reinvermögensvergleichs der Betriebe; Problematik pauschaler
Einkommensermittlung in der Landwirtschaft; Abgrenzung von Werbungskosten in der
Überschussrechnung der Einkunftsarten 4 bis 7; Mehrbelastung sogen.
"fundierter" Einkünfte wegen geringer "disutilities" des
Einkommenserwerbs.
- Bewertung zu aktuellen Werten
Bewertungsgewinne am ruhenden Vermögen, Besteuerung von sog. "capital gains"
- Implikationen des Realwertprinzips der Einkommensermittlung; Gründe und Konsequenzen der Nicht-Realisierung
- Erfassung von rechnerischen Einkommen bzw. Alternativeinkommen
nicht-monetäre Leistungsentgelte zwischen verschiedenen Wirtschaftseinheiten, akkumulierte und konsumierte Eigenwertschöpfung der Wirtschaftssubjekte, Problem der Besteuerung des Nutzungswertes dauerhafter Konsumgüter (rechnerische Wohnungsmiete als Beispiel)
- Erfassung von empfangenen und geleisteten Transfereinkommen
- Lebenseinkommensbesteuerung oder Periodeneinkommensbesteuerung?
- praktische Konsequenzen der Periodeneinkommensbesteuerung
- steuerliche Behandlung von Altersvorsorgeleistung des persönlichen Steuerpflichtigen
- Behandlung von Pensionszusagen im Rahmen der Unternehmensbesteuerung
- periodischer Kapitalverzehr im gewerblichen Anlagenbereich
- Anerkennung negativer Periodeneinkommen (interperiodischer Verlustausgleich)
4. Sonderausgaben (Rechtfertigung und Regelungsmöglichkeiten)
5. Ist eine Cash-Flow-Besteuerung technisch nicht einfacher und konsequenter zu realisieren als die Einkommenssteuer ?(nur andeutungsweise ausgeführt)
§ 5 Einkommensteuer: Probleme der Tarifgestaltung
1. Formale Charakterisierung der Tariffunktion
- Beziehung zwischen Steuerschuldbetrag, Durchschnittssteuersatz, Grenzsteuersatz und Elastizität der Tariffunktion
- Tarifprogression (Definition und Typen)
Ergänzende Literatur:
-
Norbert Andel, Finanzwissenschaft, Tübingen 1983, Kapitel 17, § 6;
- Heinz Kolms, Finanzwissenschaft, Band II, 4.Aufl.,
Berlin u. New York 1974, Kapitel VI, § 4;
- Dieter Bös u. Bernd Genser, Artikel "Steuertariflehre", Handwörterbuch
d. Wirtschaftswissenschaften, Band 7, Stuttgart u.a. 1977, S. 412 ff.
2. Struktur des deutschen Einkommensteuertarifs
Formeltarif, gegliedert nach Tarifabschnitten, mit Freibetragszone, proportionale Eingangszone, Zonen der direkten Progression, obere Proportionalzone mit Spitzengrenzsteuersatz
3. Über den Zusammenhang zwischen aggregierter Aufkommensfunktion und tariflicher Belastungsfunktion
- Kalkulation der aggregierten Bemessungsgrundlage auf der Grundlage der Sozialproduktsrechnung (nicht ausgeführt)
- Bildung der aggregierten Aufkommensfunktion
- zeitlicher Verlauf der aggregierten Aufkommensfunktion für die Einkommensteuer in der Bundesrepublik
- Veranschaulichung der Aufkommenswirkungen von Tarifreformen im Einkommensteuerrecht der Bundesrepublik seit 1958
4. Nicht gelöste Tarifprobleme:
- Ergänzung durch eine negative Einkommensteuer
- Bemessung der Steuerschuld nach der relativen Einkommensposition bzw. Berücksichtigung des Durchschnittseinkommens als zweite Bemessungsgröße (Dynamisierung)
- kumulative Durchschnittsbesteuerung ("averaging")
- Splittingtarif (vom Ehegattensplitting zum Familiensplitting)
Grundlegende Literatur der Vorlesung:
- Musgrave, Musgrave, Kulmer Bd. 2
- Brümmerhof, Dieter - Finanzwissenschaft Oldenbourg Verlag
- Homburg, Stefan -Allgemeine Steuerlehre Vahlen Verlag
Signatur der Wirtschaftwissenschaftlichen Bibliothek Db 1479 (Offenes Magazin)
Freitag, 24. November 2000 18:04